Himmelstempel


Weit im Süden der Stadt liegt der Himmelstempel (Tiantan), der richtig übersetzt eigentlich "Himmelsaltar" heissen müsste. Er entstand 1421 zusammen mit dem Kaiserpalast und wurde 1914 vom selbst ernannten Kaiser Yuan Shikai zum letzten Mal als Opferstätte für den Himmel genutzt. Der Kaiser herrscht durch das Mandat des Himmels, der nach chinesischer Auffassung weder ein Ort noch mit einem höheren Wesen verbunden ist. So musste der Herrscher jedes Jahr hier seine Machtausübung legitimieren und um eine gute Ernte bitten.

Er bereitete sich dafür im Palast der Abstinenz im Westen der Anlage vor und schritt dann über den erhöhten Ehrenweg zur runden Halle des Ernteopfers, die oft als "Hirnmelstempel" bezeichnet wird. Perfekte Dimensionen zwischen den drei Terrassen, dem Körper der Rundhalle und dem dreistufigen Dach aus blauen Glasurziegeln setzen sich auch im Innern fort. Die mächtigen Säulenreihen symbolisieren innen die vier Jahreszeiten, dann die zwölf Monate und aussen die traditionellen zwölf Doppelstunden.

 

Nach Darbringung der Opfergaben begab sich der Kaiser vorbei an der Himmelsgewölbe genannten kleineren Rundhalle, in der die Ahnentafeln aufbewahrt wurden, zum eigentlichen Altar. Die Zahlensymbolik ist hier unübersehbar, vor allem die Neun, die als höchste ungerade und damit männliche Zahl dominiert. Der Durchmesser der obersten Plattform ist neun zhang (etwa 27 m), neun Bodenplatten umgeben die innere runde Platte, und mitjedem Ring werden es neun Platten mehr, bis außen neunmal neun erreicht sind. Die runde Form des Altars steht natürlich wieder für den Himmel, mit dem der Kaiser hier in Verbindung trat.